Klimmzüge zählen zu den härtesten, aber auch effektivsten Übungen für den Oberkörper, bei der du dich an einer Stange hochziehst. Schon wenn du 10 saubere Wiederholungen schaffst, hast du ein starkes Fitnesslevel erreicht. Ob du dabei den Obergriff (Pull-up) oder den Untergriff (Chin-up) wählst, entscheidet darüber, welche Muskeln stärker arbeiten und wie schnell du deine Trainingsziele erreichst.
Was ist ein Klimmzug und warum gibt es verschiedene Griffarten?
Die verschiedenen Griffarten, Obergriff (Pull-up) und Untergriff (Chin-up), unterscheiden sich in der Handhaltung und beeinflussen maßgeblich, welche Muskelgruppen beim Ziehen stärker beansprucht werden. Beim Obergriff zeigen die Handflächen von dir weg, während sie beim Untergriff zu dir zeigen. Diese scheinbar kleine Änderung hat große Auswirkungen auf die Muskelaktivierung und die Bewegungsdynamik. Deshalb lohnt es sich, die Unterschiede genau zu kennen und gezielt einzusetzen, je nachdem, welche Muskeln du stärken oder welche Trainingsziele du verfolgen möchtest.
Obergriff (Pull-up)
Beim klassischen Klimmzug wird die Stange im Obergriff gefasst, die Handflächen zeigen also von dir weg. Aus der vollständig gestreckten Hängeposition ziehst du dich kontrolliert nach oben. Achte darauf, dass deine Hände etwas weiter als schulterbreit greifen. Zu breit solltest du jedoch nicht greifen, warnt Prof. Dr. Dr. Jürgen Gießing, Sportwissenschaftler und Buchautor an der Universität Koblenz-Landau ("HIT-Hoch-Intensitäts-Training", Novagenics-Verlag): "Ist der Griff zu breit, verkürzt sich die Zugstrecke und der Latissimus wird nicht optimal trainiert."

Du greifst die Stange im Obergriff (Handrücken zeigt zum Gesicht) etwa schulterbreit oder etwas breiter. Die Daumen können die Stange umschließen oder oberhalb ablegen. Die Handgelenke bleiben neutral und stabil, ohne abzuknicken. Der Griff ist fest, aber nicht verkrampft, um Unterarme und Schultern optimal zu entlasten.
Das Ziel bei jedem Klimmzug ist es, das Kinn mindestens über die Stange zu bringen. Fortgeschrittene können versuchen, sich bis zur Brust hochzuziehen, um den Trainingsreiz zu verstärken. Diese Variante aktiviert vor allem den großen Rückenmuskel (Latissimus), während der Bizeps und die hintere Schulter unterstützend arbeiten, aber weniger im Fokus stehen. Laut Gießing befindet sich der Bizeps dabei in einer Position, in der er nur eingeschränkt mitwirken kann, wodurch der Latissimus stärker gefordert wird. Mit zunehmender Griffbreite wird zudem der Trapezmuskel stärker belastet – allerdings auf Kosten der Latissimus-Aktivierung.
Untergriff (Chin-up)
Beim Chin-up greifst du die Stange im Untergriff, sodass die Handflächen zu dir zeigen. Ein schulterbreiter Griff wird als optimal angesehen. Laut Prof. Dr. Dr. Jürgen Gießing von der Universität Koblenz-Landau sollten die Hände nicht zu eng gesetzt werden, da dies die Handgelenke in eine ungünstige Position bringt, selbst wenn der Bizeps dies kurzfristig ausgleichen kann.
Der Bewegungsablauf entspricht im Wesentlichen dem des Pull-ups: Du startest aus einer vollständig gestreckten Hängeposition und ziehst dich so weit nach oben, bis dein Kinn mindestens die Stange erreicht.

Die Hände greifen die Stange im Untergriff (Handflächen zeigen zum Gesicht), etwa schulterbreit. Die Daumen können die Stange umschließen oder auflegen. Achte auf gerade Handgelenke und einen festen, aber entspannten Griff, um Unterarme und Bizeps optimal einzusetzen.
Durch den Untergriff arbeitet der Bizeps stärker mit, was es oft ermöglicht, mehr Wiederholungen zu schaffen. Gießing erklärt, dass Chin-ups häufig zu Unrecht als die "leichtere" Variante gelten, obwohl sie durch die zusätzliche Belastung des Armbeugers sehr effektiv sind.
Auch der große Rückenmuskel und die hintere Schulter werden bei dieser Variante intensiv gefordert. Zudem trägt ein engerer Griff dazu bei, dass die Brustmuskulatur stärker einbezogen wird. Der Experte betont, dass beim Untergriff alle großen Armbeuger aktiv arbeiten, was Chin-ups sowohl als Rückenübung qualifiziert als auch für die Definition der Arme besonders wertvoll macht.
Für einen stabilen Rücken trainierst du am besten abwechslungsreicher als immer nur Klimmzüge – zum Beispiel mit unserem Trainingsplan für einen starken Rücken.
Neutraler Griff – die dritte Variante
Neben Ober- und Untergriff gibt es noch den neutralen Griff, bei dem die Handflächen zueinander zeigen. Diese Variante ist besonders gelenkschonend für Handgelenke und Schultern und bietet eine ausgewogene Belastung von Rücken und Bizeps. Wenn du Zugang zu einer Klimmzugstange mit Parallelgriffen hast, lohnt es sich, auch diese Variante regelmäßig in dein Training einzubauen.

Neutraler Griff (auch Parallelgriff genannt): Die Handflächen zeigen zueinander, du greifst also an zwei parallelen Griffstangen.
Chin-up vs. Pull-up
Chin-ups (Untergriff) und Pull-ups (Obergriff) unterscheiden sich nicht nur in der Handhaltung, sondern auch in der Muskelbeanspruchung und Schwierigkeitsgrad. Pull-ups fordern vor allem den breiten Rückenmuskel (Latissimus) und die Schultermuskulatur, während Chin-ups den Bizeps mehr involvieren und dadurch häufig leichter ausführbar sind.
Für Einsteiger sind Chin-ups oft der bessere Einstieg, da die stärkere Bizeps-Unterstützung mehr Wiederholungen ermöglicht. Fortgeschrittene profitieren hingegen vom Pull-up, weil er die Rückenentwicklung und Schulterstabilität intensiver fördert. Trotz dieser Unterschiede sind beide Varianten wichtige Bestandteile eines ausgewogenen Trainings, da sie verschiedene Muskeln auf unterschiedliche Weise aktivieren.
Kann man im Ober- bzw. Untergriff unterschiedliche Bereiche des Latissimus fordern?
"Nein, die Fasern des Latissimus verlaufen vom Ursprung in der Hüfte bis in den Oberarm und bei Belastung wird immer der gesamte Latissimus aktiviert.", erklärt Gießing. Es ist demnach nicht möglich, den "unteren Latissimus" mithilfe des Untergriffs zu trainieren, was teilweise immer noch angenommen wird. Beide Varianten aktivieren den gesamten Muskel.
Obergriff vs. Untergriff bei Klimmzügen
Prof. Dr. Dr. Jürgen Gießing erklärt, dass der Klimmzug eine sehr natürliche Bewegung sei, die schon unsere Vorfahren regelmäßig ausführten, indem sie sich irgendwo hochzogen. Er rät deshalb, die verschiedenen Griffarten nicht gegeneinander auszuspielen, sondern alle drei Varianten – Obergriff, neutraler Griff und Untergriff – in das Training einzubauen.
Beim Obergriff liege der Vorteil vor allem in der stärkeren Aktivierung des Trapezmuskels. Je breiter der Griff dabei gewählt wird, desto intensiver wird dieser Muskel beansprucht, wobei die Griffbreite nicht wesentlich über schulterbreit hinausgehen sollte. Ein Nachteil des Pull-ups im Obergriff sei jedoch die vergleichsweise geringe Beteiligung des Bizeps, was dazu führt, dass man weniger Wiederholungen schafft oder weniger Zusatzgewicht nutzen kann und dadurch der Rücken etwas weniger intensiv trainiert wird.
Im Gegensatz dazu ermöglicht der Untergriff meist mehr Wiederholungen und eine insgesamt intensivere Belastung des Rückens. Gießing weist darauf hin, dass die stärkere Unterstützung durch den Bizeps keineswegs zu einer geringeren Rückenbeanspruchung führt, sondern sich sogar positiv auf das Training auswirkt. Gleichzeitig sei der Untergriff hervorragend geeignet, um den Bizeps aufzubauen. Er betont, dass wer regelmäßig Sätze im Untergriff absolviert, damit schon ein effektives Bizepstraining durchführt. Wer jedoch ausschließlich im Obergriff trainiert, sollte den Bizeps zusätzlich isoliert trainieren.
Ein Nachteil des Untergriffs bestehe darin, dass sich die Arme in der unteren Position nicht so leicht hinter den Körper bewegen lassen. Dies liegt daran, dass durch die Innenrotation der Schulter der Latissimus nicht so stark gedehnt wird, was die Trainingswirkung auf diesen Muskel etwas reduziert.
So oft solltest du Klimmzüge trainieren
Um Fortschritte zu erzielen, reicht es in der Regel aus, 2- bis 3-mal pro Woche Klimmzüge in den Trainingsplan einzubauen. Dabei ist wichtig, dass du auf eine saubere Ausführung achtest und sowohl Ober- als auch Untergriff-Varianten einsetzt, um alle relevanten Muskeln gleichmäßig zu fördern. Für den Muskelaufbau sind moderate Wiederholungszahlen mit kontrollierter Technik ideal, während für die Kraftsteigerung auch wenige Wiederholungen mit Zusatzgewicht sinnvoll sein können. Zwischen den Einheiten solltest du deinem Körper genügend Regenerationszeit gönnen, um Überlastungen zu vermeiden und die Trainingswirkung zu maximieren.
Worauf Anfänger achten sollten
Gießing erklärt, dass der Klimmzug eine anspruchsvolle Übung ist, bei der es Zeit braucht, um das nötige Kraftniveau zu erreichen. Für Einsteiger sei daher das Training am Latzug oft empfehlenswerter, um die Muskulatur im oberen Rücken gezielt zu stärken. Wer dennoch von Anfang an Klimmzüge absolvieren möchte, sollte zunächst mit Chin-ups starten, da diese meist leichter auszuführen sind und man eher saubere Wiederholungen schafft.
Wenn du im Obergriff nur 2-3 Klimmzüge schaffst, kannst du diese zunächst im Untergriff zu trainieren. Als Alternative für Trainingsanfänger empfiehlt Gießing das Rest-Pause-Training: Dabei macht man zwischen den einzelnen Wiederholungen kurze Pausen, um am Ende dennoch die gewünschte Anzahl an Wiederholungen zu erreichen.

So klappt dein erster Klimmzug: 1. Im Obergriff frei hängen, Körper stabilisieren. 2. Schulterblätter aktiv nach unten ziehen. 3. Kontrolliert hochziehen, bis das Kinn über die Stange reicht. 4. Langsam absenken und Arme ganz strecken.
Zu starke oder zu schwache Arme
Ein übermäßig starker Bizeps kann das Rückentraining erschweren. Der Experte rät in solchen Fällen, den Fokus auf den Obergriff zu legen, da der Bizeps dabei in einer schwächeren Position ist. Anschließend können noch einige Klimmzüge im Untergriff ergänzt werden. Wichtig sei, die Variante zu wählen, bei der der Bizeps möglichst wenig Unterstützung leistet, damit der Rücken nicht entlastet wird. Bei zu schwachen Armen hingegen empfiehlt sich der Untergriff, um den Armbeuger stärker zu beanspruchen.
Schwache Rückenmitte
Ein kräftiger, breiter Rücken ist oft das Ziel vieler Sportler, dabei wird die Rückenmitte häufig vernachlässigt. Um diesen Bereich gezielt zu stärken, sind Ruderbewegungen besonders wichtig. Vertikale Zugbewegungen wie Klimmzüge sprechen vor allem den Latissimus an. Bei der Wahl zwischen Ober- und Untergriff empfiehlt es sich bei einer schwachen Rückenmitte, eher den Obergriff zu verwenden, da hier der Trapezmuskel stärker aktiviert wird.
Eingeschränkte Beweglichkeit
Vor allem der Klimmzug im Untergriff kann bei einer eingeschränkten Schulterbeweglichkeit problematisch sein, da es schwieriger ist, die Arme so zu positionieren, dass der Latissimus optimal gedehnt wird. Im Gegensatz dazu ermöglicht der Obergriff eine leichtere Bewegung der Arme hinter den Kopf in der untersten Position, was einen besseren Dehnreiz für den Latissimus bietet.
Häufige Fragen zu Obergriff und Untergriff bei Klimmzügen
Ja, der Untergriff aktiviert stärker den Bizeps und macht die Zugbewegung dadurch leichter, was mehr Wiederholungen ermöglicht.
Das ist möglich und kann sinnvoll sein, um verschiedene Muskelgruppen zu trainieren und für Abwechslung zu sorgen.
Viele empfinden den Untergriff als angenehmer für die Handgelenke, während der Obergriff bei falscher Technik die Schultern stärker belasten kann.
Ein enger Griff beansprucht stärker die Armmuskulatur, während ein weiter Griff den Rücken intensiver trainiert.
Für Kraftaufbau sind wenige Wiederholungen mit Zusatzgewicht sinnvoll, für Muskelaufbau moderate Wiederholungszahlen und für Ausdauer höhere Wiederholungen.
Fazit: Obergriff oder Untergriff: in Kombi die richtige Wahl für dein Klimmzugtraining
Ob Obergriff (Pull-up) oder Untergriff (Chin-up) besser ist, hängt letztlich von deinem individuellen Trainingsziel ab. Während der Obergriff vor allem die Rückenmuskulatur und Schultern intensiv fordert und damit ideal für eine kraftvolle Rückenentwicklung ist, bietet der Untergriff durch die stärkere Beteiligung des Bizeps eine gute Möglichkeit, mehr Wiederholungen zu schaffen und die Armmuskulatur gezielt zu trainieren. Für ein ausgewogenes Klimmzugtraining lohnt es sich daher, beide Griffarten zu integrieren und so die unterschiedlichen Muskelgruppen optimal zu fördern.