Ob im Auto, im Flieger, beim Shoppen oder im Büro – Klimaanlagen sind ein echter Zwiespalt. Erst schenken sie dir die perfekte Abkühlung bei Sommerhitze, dann wachst du mit verstopfter Nase und kratzigem Hals auf. Warum das so ist und wie du dich davor schützt, erklärt HNO-Facharzt Dr. med. Bernhard Junge-Hülsing.
Kann ich durch eine Klimaanlage krank werden?
Ja, dass Klimaanlagen krank machen können, stimmt. Meistens kommt es zu Erkältungssymptomen wie Husten, Schnupfen und Ohrenschmerzen. In vielen Fällen wird die Luft in den Innenräumen auch als trocken wahrgenommen, sodass es zu müden, brennenden und trockenen Augen kommen kann. Viele fühlen sich infolgedessen dann müde und weniger energiegeladen.
Klimaanlagen haben also leider wirklich nicht nur das Potenzial, dir eine angenehme Erfrischung zu bieten, sondern auch die nächste Erkältung einzuleiten.
Warum macht eine Klimaanlage krank?
Es gibt verschiedene Faktoren, warum eine Klimaanlage krank macht. Das sind die häufigsten Ursachen:
Der Körper kühlt aus
Draußen ist es brühend heiß, und kaum gehst du in ein Gebäude, hast du das Gefühl, in einem Kühlschrank zu sitzen. Im ersten Moment fühlt sich das großartig an, doch mit der Zeit fühlen sich die meisten Gebäude und Transportmittel zu stark heruntergekühlt an. Diese großen Temperaturschwankungen sind für den Körper eine Belastung, erklärt Experte Dr. Junge-Hülsing.
Denn gerade im Sommer trittst du häufig aufgeheizt und verschwitzt in gekühlte Räumlichkeiten. Dadurch kommt es zu der sogenannten Verdunstungskälte: Der Schweiß auf der Haut, der schon dazu dient, den Körper zu kühlen, und dann noch die niedrigen Raumtemperaturen – all das lässt den Körper noch schneller auskühlen. Und ein ausgekühlter Körper schwächt das Immunsystem, was ihn wiederum anfälliger für Infektionen macht, da dadurch Viren weniger gut abgewehrt werden können.
Zugluft kann zu Muskelverspannungen führen
Klimaanlagen pusten kontinuierlich einen gleichmäßigen Strom an kühler Luft in den Raum. Wer diesen Strom direkt an die Haut bekommt, steht oder sitzt im Luftzug. Wenn du diesem Luftstrom über eine längere Zeit ausgesetzt bist, zieht sich die Muskulatur wegen der Kälte zusammen und verspannt sich. Vielleicht hattest du ja schon mal einen steifen Nacken und kennst dieses Gefühl, wenn sich der Kopf einfach nicht mehr richtig zur Seite drehen lässt. In vielen Fällen verschafft Wärme eine Besserung.
Zugluft kann Ohrenentzündungen auslösen
"Pustet die Luft die ganze Zeit aufs Ohr und der Gehörgang ist vom Pool oder Meer vielleicht noch feucht und dadurch sowieso anfälliger, dann begünstigt der Luftstrom der Klimaanlage eine Außenohrentzündung", so Dr. Junge-Hülsing. Das Gleiche gilt beim Cabriofahren oder bei Schiffsreisen, wenn einem der Wind um die Ohren weht. Für eine Entzündung muss der Luftstrom jedoch laminar – also gleichmäßig – über eine längere Zeit vorhanden sein, so der Experte. Eine Windböe ist einmal kurz und heftig, während eine Klimaanlage unerlässlich vor sich hin pustet.
Klimaanlagen können eine Brutstätte für Pilze sein
Warme Luft kann viel Wasser aufnehmen, doch wenn die Klimaanlage die Luft herunterkühlt, wird das Wasser als Kondenswasser abgegeben. Darin können sich Erreger festsetzen und die Klimaanlage damit verpilzen, warnt Dr. Junge-Hülsing. Das kann vor allem für Menschen mit einer Schimmelpilzallergie zu Niesreiz, Husten oder einer laufenden Nase führen. Daher ist es wichtig, Klimaanlagen sauber zu halten und regelmäßig zu warten.
Sind Klimaanlagen Keimschleudern?
Das Argument, Klimaanlagen seien Keimschleudern, hast du bestimmt auch schon gehört. Aber das ist so nicht ganz richtig. "Viren gehen im System kaputt, das Herumwirbeln und die Temperaturveränderung halten sie nicht aus. Auch für Bakterien ist das schwer vorstellbar", sagt der Facharzt.
Aber: Viren mögen es lieber kalt und überleben dementsprechend länger in einem durch eine Klimaanlage gekühlten Bürogebäude, in dem viele Menschen zusammenarbeiten und vielleicht sogar Fenster geschlossen sind. Folge: Das Infektionsrisiko steigt auf diese Weise. Es ist also wichtig, trotz heißer Luft draußen, gelegentlich die Fenster zu öffnen, wenn mehrere Menschen in einem Raum arbeiten.
Wie verhindere ich, durch die Klimaanlage krank zu werden?
Da in Räumen mit Klimaanlage häufig die Luftfeuchtigkeit sinkt, trocknen die Schleimhäute in Nase und Rachen leichter aus. In Kombination mit einem ausgekühlten Körper haben Erkältungsviren dann ein leichtes Spiel. Auch führt die geringere Luftfeuchtigkeit (wie auch bei Heizungsluft) oft zu trockenen, gereizten Augen. Daher kann es hilfreich sein, zusätzlich zur Klimaanlage einen Luftbefeuchter in den Raum zu stellen. Forschungsergebnisse zeigen, dass eine Luftfeuchtigkeit von 40 bis 60 Prozent die optimale Bedingung ist, um produktiv zu arbeiten und gleichzeitig das Risiko einer Infektion zu senken.
Als Soforthilfe gegen müde, trockene, oder juckende Augen können Augentropfen hilfreich sein, welche die Oberfläche mit einem Flüssigkeitsfilm benetzen.
Weitere Tipps und Tricks, um möglichst zu verhindern, durch die Klimaanlage krank zu werden, sind:
- Kleide dich im Zwiebellook, bzw. halte einen Schal oder Pullover griffbereit. So kannst du in den Innenräumen verhindern, dass du auskühlst.
- Stell die Klimaanlage im Auto, wenn möglich, nicht direkt auf dein Gesicht, um zu verhindern, den direkten Luftstrom abzubekommen.
- Versuche generell, dich nicht direkt in die Zugluft zu stellen oder zu setzen, damit du keine Verspannungen bekommst.
Auf welche Temperatur sollte ich die Klimaanlage stellen?
Eine Studie im International Journal of Hygiene and Environmental Health hat gezeigt, dass die perfekte Temperatur zum Arbeiten zwischen 22 und 24 Grad Celsius liegt.
Prinzipiell solltest du eine Temperatur wählen, bei der du dich wohlfühlst und weder schwitzt noch frierst. Es ist wichtig, die Temperatur nicht zu kalt einzustellen, sodass der Temperaturwechsel nicht zu extrem ist, rät Dr. Junge-Hülsing. Am besten hast du immer Jacke oder Pullover griffbereit. Das ist vor allem dann ratsam, wenn du die Klimaanlage nicht so einstellen kannst, wie du es gerne möchtest.
Häufige Fragen zur Wirkung von Klimaanlagen
Wie oft sollte ich den Filter einer Klimaanlage reinigen?
Mindestens alle 3 Monate – bei täglicher Nutzung idealerweise monatlich. Verschmutzte Filter begünstigen die Verbreitung von Bakterien, Pilzen und Allergenen.
Welche Temperatur ist in der Nacht ideal?
Für erholsamen Schlaf sollte die Klimaanlage nachts auf 22–24 °C eingestellt sein. Vermeide direkte Luftströme auf dein Gesicht.
Welche Rolle spielen Ozon- und HEPA-Filter?
HEPA-Filter entfernen Partikel wie Pollen und Staub, Ozon-Filter bekämpfen Gerüche. Für Allergiker und Asthmatiker sehr empfehlenswert.
Fazit: Klimaanlagen bringen kühlenden Komfort – aber nur, wenn sie richtig genutzt werden
Halte die Temperatur moderat, verwende saubere Filter, achte auf die richtige Luftfeuchtigkeit und mache regelmäßig lüftende Pausen. So genießt du kühle Luft und bleibst gesund – ganz ohne lästige Symptome.
Erwähnte Quellen:
- Health, work performance, and risk of infection in office-like environments: The role of indoor temperature, air humidity, and ventilation. Peder Wolkoff, Kenichi Azuma, Paolo Carrer. https://doi.org/10.1016/j.ijheh.2021.113709
- Health, work performance, and risk of infection in office-like environments: The role of indoor temperature, air humidity, and ventilation. Peder Wolkoff, Kenichi Azuma, Paolo Carrer. https://doi.org/10.1016/j.ijheh.2021.113709